Porträt Bernhard Offenberger

„Die Theologie gibt mir eine neue Sprache“

Bernhard Offenberger
Er ist ihr Vorbild: Pfarrer Bernhard Offenberger hat seine ehemalige Konfirmandin Lena mit seiner Freude, seiner Begeisterung und Leidenschaft für seinen Beruf angesteckt.
  • Text: Sandra Kaufmann
  • Bilder: 5vorFilm

10 Minuten

Er hat die Perikopenordnung herausgeholt, blättert eifrig und auch ein bisschen ehrfürchtig darin. Er erklärt Lena, was es damit auf sich hat, was sich geändert hat seit der letzten Revision, beantwortet geduldig, leidenschaftlich und humorvoll ihre neugierigen Fragen. Pfarrer Bernhard Offenberger und seine 15-jährige Praktikantin Lena stehen mitten in der 500 Jahre alten, prunkvollen Kirche St. Ulrich in Augsburg. Seine Leidenschaft und ihre Begeisterung kann man spüren. Eine Woche lang begleitet seine ehemalige Konfirmandin Lena ihn im Rahmen eines Schulpraktikums. Sie möchte Pfarrerin werden. Bis sie Bernhard Offenberger während ihrer Konfirmandenzeit kennengelernt hat, hatte sie allerdings wenig mit der Kirche zu tun. Er hat ihr eine neue Welt eröffnet. Das erfüllt ihn mit Stolz, mit Verantwortungsbewusstsein – und er nimmt das sehr ernst.

„Jedes mal, wenn wir geredet haben, es war immer interessant.“

„Jedes mal, wenn Bernhard etwas erzählt, egal was, es war immer interessant.“

Bernhard Offenberger strahlt. Er lacht viel, herzlich und charmant. Eine Dame aus seiner Gemeinde in Augsburg hat ihn kürzlich gefragt: „Lächeln sie manchmal auch nicht, Herr Pfarrer?“ Natürlich kann Bernhard Offenberger auch anders, aber warum sollte er? Der 33-Jährige ist glücklich. Sein Job als Jugendpfarrer der fünf Innenstadtgemeinden in Augsburg erfüllt ihn. Und dass, obwohl er das lange Zeit gar nicht in Erwägung gezogen hatte. 

Seine Familie hat in einem Dorf im Allgäu gelebt, dort ist er aufgewachsen. „Da weißt du sehr genau, dass du evangelisch bist, denn das sind dort die wenigsten“, erzählt Offenberger augenzwinkernd. Religion ist in seiner Familie immer ein Thema gewesen. Die Mutter war Baptistin, der Vater Katholik, ein gemeinsames Zuhause hatten sie in der Evangelischen Kirche gefunden. „Aber dennoch, eigentlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, Pfarrer zu werden. Ich hatte mir bereits einen Studienplatz für Biotechnologie in Heidelberg gesichert. Ich wusste immer, dass ich etwas Naturwissenschaftliches studieren würde.“

„Die Bibel will keine Naturwissenschaft sein und umgekehrt.“

Pfarrer Bernhard Offenberger

Doch vorher kam der Ersatzdienst in einer evangelischen Gemeinde in Argentinien. Ganz bewusst mit einer konfessionellen Organisation, denn Offenberger hatte Fragen und wollte sich mit seinem Glauben auseinandersetzen. Er wollte sich Zeit nehmen und sich überraschen lassen. Das ist ihm gelungen. „Ich habe hier Gemeinde erlebt, in der das, was am Sonntag gepredigt wurde, unter der Woche gelebt wurde.“ In dieser Zeit ist die Entscheidung, die ihn selbst überrascht hat, für das Theologiestudium gefallen.

„Das klassische Thema Schöpfung und Evolution, war für mich nie ein Konflikt.“

„Das klassische Thema Schöpfung und Evolution, war für mich nie ein Konflikt.“

Heidelberg, Halle, Indien, Heidelberg, Halle – bei den Stationen seines Studiums hat er mit Begeisterung alles in sich aufgesogen, die Vielfalt des Theologiestudiums entdeckt.

„In der Theologie geht es immer um alles und immer auch um dich selbst.“

Pfarrer Bernhard Offenberger

Die Freiheiten, die das Studium ermöglichen, Kontakte, Gespräche und Diskussionen, aber auch die Erkenntnisse haben ihn vollends überzeugt. Ganz besonders die Sprachen haben es ihm angetan. Griechisch, Latein, Hebräisch, außerdem spricht er fließend Spanisch und natürlich Englisch. Wann immer es geht, übersetzt Offenberger akribisch Originaltexte und ist fasziniert von den Feinheiten der Sprachen. Er hat das Theologiestudium genossen. „Das ist kein Studium zum Abreißen, man darf und muss sich Zeit nehmen“, erinnert er sich gern und schwärmerisch.

„Es ist ein sehr freies Studium mit einer wahnsinns Vielfalt an Themen.“

„Es ist ein sehr freies Studium mit einer wahnsinns Vielfalt an Themen.“

Nach dem Studium folgte das Vikariat in Bamberg, danach ging es nach Augsburg. „Pfarrer sein ist kein 9-to-5-Job.“ Überrascht hat ihn vieles an seinem Beruf als Pfarrer. Am meisten er sich selbst. „ Ich dachte immer, Seelsorge sei nichts für mich. Aber ich habe festgestellt, ich muss nicht selbst traurig sein, um jemanden gut begleiten zu können. Ich habe eine bestimmte Rolle und führe die Menschen durch eine schwierige Zeit. Sie können sich auf mich verlassen“, erzählt Offenberger enthusiastisch. Dabei hat er viel über sich selbst und seine eigenen Emotionen gelernt. Allerdings stellte sich die Lehre in der Schule als schwieriger heraus, als erwartet. Aber er nimmt auch das mit einem Lachen an.

Die Veränderungen in der Kirche nimmt er natürlich wahr. Doch die gesellschaftliche Bedeutung ist für ihn unbestreitbar.

„Kirche ist ein Player in der Gesellschaft.“

„Kirche ist ein Player in der Gesellschaft.“

Der Kontakt zu den Menschen in all ihren Lebensphasen, Predigen, die Jugendarbeit, all das treibt ihn in seinem Beruf täglich neu an. Und natürlich die Theologie, die ihm Mittel, Wege und eine Sprache gibt, die er vorher nicht kannte.

„Ich kann in verschiedene Lebenswelten eintauchen.“

„Ich kann in verschiedene Lebenswelten eintauchen.“

Bernhard Offenberger hat Lena durch seine Faszination für die Theologie und den Pfarrberuf einen Weg gezeigt. „Jedes Mal, wenn ich in der Kirche bin, fühle ich mich einfach wohl. Das tut mir gut“, erzählt Lena schüchtern und glücklich lächelnd. Sie erlebt hier eine besondere Gemeinschaft, ähnlich wie Offenberger in Argentinien.

„Die Gemeinschaft macht mich sehr glücklich.“

Lena Wudi

Vor dem Studium hat sie großen Respekt, vor allem die Sprachen machen ihr Angst, aber mit Bernhard Offenberger hat sie einen vertrauenswürdigen, geduldigen und begeisternden Mentor an ihrer Seite.